Steuerfahndung NRW: 200 "Schweiz"-Selbstanzeigen im Monat

Das Finanzministerium von Nordrhein-Westfalen hat eine Statistik zu den Selbstanzeigen mit "Schweiz-Bezug" veröffentlicht. Nach der Statistik erfolgten seit Februar 2010 im Schnitt 200 Selbstanzeigen pro Monat; insgesamt über 7.500.

 

Das Finanzministerium betont auf seiner Homepage ferner, dass es den Ankauf von "Daten-CDs" weiterhin für rechtmäßig erachtet und sogar davon ausgeht, dass die Finanzbehörden "verpflichtet" sind, entsprechenden Hinweisen bzw. Angeboten nachzugehen. Das Finanzministerium verweist darauf, dass bisher keine Gerichtsentscheidung vorliegt, nach welcher die Verwertung der Daten von einem Gericht als unrechtmäßig einstuft worden wäre.

Hierzu ist zu ergänzen, dass sich der Präsident des Bundesfinanzhofs in einem aktuellen Interview sehr kritisch zu den Ankäufen von Informationen geäußert hat. Er wies darauf hin, dass es aus seiner Sicht für diese Ankäufe keine hinreichende gesetzliche Grundlage gibt.

Bundesgerichtshof vereinfacht Bestrafung wegen Steuerhinterziehung

Mit einem am 14.03.2013 veröffentlichten Beschluss hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Bestrafung wegen Steuerhinterziehung „vereinfacht“. Nach Ansicht des BGH muss in Fällen des § 370 Abs. 1 Alt. 2 AO das konkrete Ausmaß/die Höhe der hinterzogenen Steuern nicht festgestellt werden, da es sich bei dieser Tatbestandsalternative („Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile“) um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt. Die Entscheidung kann erhebliche Auswirkungen auf die Strafverfolgung im Bereich der Steuerhinterziehung haben. Dass es sich um eine Grundsatzentscheidung handelt ist daran erkennbar, dass der Beschluss zur Veröffentlichung und Archivierung in den amtlichen Entscheidungssammlungen des BGH vorgesehen ist.

 

In dem vorliegenden Fall hatte der BGH über Tatalternative „Steuerhinterziehung durch Erlangung eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils“, § 370 Abs. 1 Alt. 2 AO, zu entscheiden. Die Angeklagten hatten durch verschiedene Handlungen für verschiedene Unternehmen falsche oder unrichtige steuerliche Angaben gemacht und dadurch (falsche) Feststellungsbescheide erlangt. Den Feststellungsbescheiden kam Bindungswirkung für entsprechende Folgebescheide zu. Die Feststellungs- und Bindungswirkung der Bescheide bezog sich auf zu niedrig festgesetzte Gewinne, unberechtigte Verlustvorträge und unberechtigt nicht verbrauchte Verlustvorträge. Das Gericht hat die Angeklagten wegen Steuerhinterziehung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, ohne dass es im Urteil konkret den Steuerschaden ermittelt oder dargelegt hätte. Dies hatten die Angeklagten in ihrer Revison beim BGH moniert und dabei auf die Rechtsprechung des Bundesversfassungsgerichts zur ähnlich gelagerten Problematik im Bereich Untreue und Betrug. Hinsichtlich dieser Vorschriften vertritt das Bundesverfassungsgericht die Ansicht, dass eine Bestrafung nur erfolgen darf, wenn die Höhe des Vermögensschadens festgestellt und beziffert werden kann.

Der BGH hat die Einwände der Angeklagten zurückgewiesen und erklärt, dass er die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht zur Konkretisierung des Betrugsvorwurfs nicht für auf § 370 Abs. 1 Alt. 2 AO anwendbar hält.

 

Diese Sichtweise erleichtert die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte enorm – während es die Verteidigung der Angeklagten erheblich erschwert. Durch die faktische Aufhebung des Konkretisierungserfordernis wird der Angeklagte im Unklaren über die mögliche Höhe der ihn erwartenden Strafe bzw. den Strafzumessungsgesichtspunkten des Gerichts gelassen. Damit wird ihm die Möglichkeit genommen, sich konkret zu diesen Punkten zu äußern, diese zu entkräften bzw. diesen entgegen zu treten.

BGH: Im Ausland gewonnene Beweise trotz Rechtsverstoß verwertbar

Die unerklärliche Großzügigkeit des Bundesgerichtshofs betreffend die Verwertung rechtswidrig erlangter Beweismittel setzt sich nun auch "im Ausland" fort.

 

In seiner Entscheidung vom 21.11.2012 hat der BGH entschieden, dass im Ausland im Wege eines Rechtshilfeersuchens gewonnene Beweise auch dann verwertet werden dürfen, wenn die maßgeblichen rechtshilferechtlichen Vorschriften nicht eingehalten werden. Es sei ausreichend, dass die Beweise auch bei Befolgung des Rechtshilferechts durch den ersuchten und den ersuchenden Staat hätten erlangt werden können. Im vorliegenden Fall handelte es sich um Telefonabhörmaßnahmen in Tschechien wegen des Verdachts des Zigarettenschmuggels.

 

Praktisch bedeutet die Entscheidung, dass es egal ist, ob bei der Beweiserhebung die maßgeblichen Vorschriften eingehalten werden oder nicht - es ist ausreichend, wenn im Nachhinein ein hypothetischer Ablauf des Rechtshilfeverfahrens/der Beweiserlangung konstruiert(!) werden kann, nach welchem die Beweise auch rechtmäßig hätten erlangt werden können.

Es fragt sich, welchem Zweck die Vorschriften über die Art und Weise der (zulässigen) Erlangung von Beweismittel dienen, wenn sich ein Verstoß gegen diese Vorschriften im Ergebnis überhaupt nicht auswirkt - über kurz oder lang verkommen die Vorschriften damit zur Beliebigkeit.

 

Welch große Bedeutung der BGH seiner Entscheidung beimisst, zeigt sich daran, dass die Entscheidung zur Veröffentlichung in sämtlichen strafrechtlichen Entscheidungssammlungen des Gerichts vorgesehen ist.

Schweiz: Banken drängen Kunden zu Selbstanzeigen - vorher unabhängige Fachanwälte für Steuerrecht konsultieren

Die Banken in der Schweiz stehen hinsichtlich Schwarzgeld und Steuerhinterziehung nach wie vor international unter Druck - und geben diesen Druck anscheinend an ihre Kunden weiter. Deutsche Kunden berichten vermehrt davon, dass ihnen ihre Schweizer Bankberater die Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige dringend anempfehlen. Die Banken halten zu diesem Zweck Listen mit deutschen Beratern bereit. Zur Abfassung der strafbefreienden Selbstanzeige sollten sich Kunden jedoch an von den Banken unabhängige Fachanwälte für Steuerrecht wenden - so haben die Kunden die Gewähr, dass bei der Beratung nur ihre Interessen im Vordergrund stehen und nicht eventuelle Interessen zwischen Bank und Berater.

 

Die in § 371 der Abgabenordnung geregelte strafbefreiende Selbstanzeige ist der einzige Weg mit dem Steuerpflichtige einer Bestrafung wegen Steuerhinterziehung entgehen können. Unsere Kanzlei kann eine mehr als 15jährige Erfahrung in der Betreuung von Selbstanzeigeverfahren vorweisen.

Im April 2011 hat der Gesetzgeber diese Regelung umfassend überarbeitet und ergänzt. Erklärtes Ziel dieser Überarbeitung war die Verschärfung der Vorschrift, d.h. die Hürden zur Erlangung der Straffreiheit wurden erhöht. Schon vor 2011 war die Formulierung einer strafbefreienden Selbstanzeige anspruchsvoll und Betroffenen wurde geraten, sich keinesfalls ohne vorherige Beratung alleine an solch eine "Projekt" zu wagen. Nach der Änderungen in 2011 gehen selbst Banken und Finanzbeamte davon aus, dass ein Steuerpflichtiger unter keinen Umständen ohne (anwaltliche) Beratung eine strafbefreiende Selbstanzeige abgeben sollte.

 

Bei der Frage, welchen Anwalt der Steuerpflichtige konsultieren sollte, dürfte es auf der Hand liegen, dass Fachanwälte für Steuerrecht eine Gewähr für eine umfassende Beratung bieten. Aufgrund ihre Spezialisierung auf das Steuerrecht sind diese mit den steuerlichen Fragestellung vertraut und verfügen ferner aufgrund ihre allgemeinen Ausbildung über das erforderliche strafrechtliche bzw. strafprozessuale Wissen.

Allerdings sollte der Steuerpflichtige Wert darauf legen, dass der von ihm aufgesuchte Fachanwalt über die entsprechende praktische(!) Erfahrung betreffend der Abfassung einer strafbefreienden Selbstanzeige und der weiteren Betreuung eines solchen Selbstanzeigeverfahrens verfügt. So können z.B. die Auswirkungen der geänderte Vorschrift des § 371 AO nur dann wirklich voll erfasst werden, wenn der Anwalt eine entsprechende praktische Erfahrung mit der vorherigen Version des § 371 AO hat.

EuGH: Steuerhinterziehung darf steuerlich und strafrechtlich verfolgt werden

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 26.02.2013 entschieden, dass die Hinterziehung von Mehrwertsteuer steuerliche UND strafrechtliche Folgen nach sich ziehen darf. In dieser doppelten "Ahndung" einer Steuerhinterziehung liegt kein Verstoß gegen das Gebot der Doppelbestrafung (ne bis in idem, Art. 50 der Charta der Grundrecht der Europäische Union). Es ist insbesondere nicht verboten, dass dem Täter im STEUERverfahren neben der Nachzahlung der Steuer auch noch Steuerzuschläge aufzubürden - allerdings darf diesen Zuschlägen kein strafrechtlicher Sanktionscharakter zukommen.

Steuerrecht "aus dem Leben"

Steuerrecht ist in der konkreten Anwendung superspannend. Für Interessierte (nicht nur Kollegen) haben wir eine sytematische Zusammenstellung des

- Steuerstrafrechts
- Internationalen Steurrechts
- Steuerstrafrechts in Wirtschaftsdelikten
- Steuerstrafrechts im Bereich der Prostitution
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