Cum/Ex – weitere Anklagen – keine Deals – keine Verjährung
Wie heute, 14.06.2020, bekannt geworden ist, hat die Staatsanwaltschaft Köln weitere Personen (aus dem Bankbereich) wegen Cum/Ex-Geschäften angeklagt. Das Landgericht Bonn muss über die Zulassung der Anklage entscheiden. Wie der Justizminister von NRW auf Presseanfragen betonte, werden weitere Anklagen folgen. Die Anklagen sollen sich dabei nicht nur gegen die unmittelbar tätigen Händler/Berater richten, sondern auch gegen das mittlere Management und gegebenenfalls gegen die Chefetagen der beteiligten Banken. Der Justizminister schloss aus, dass es zur Verjährung kommt und betonte ferner (nochmals), dass es zu keinen „Deals“ mit den Beschuldigten kommen wird. Das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung sei sehr hoch, daher müssten öffentliche Gerichtsverhandlungen stattfinden und keine „Deals im Hinterzimmer“. N A C H T R A G vom 15.06.2020: Der Gesetzgeber plant, die absolute Verfolgungsverjährung von 20 Jahre auf 25 Jahre anzuheben, um den Staatsanwälten mehr Zeit einzuräumen. Berater oder Steuerpflichtige, welche solche Geschäfte getätigt haben, sollten sich daher rechtzeitig einer Beratung und Vertretung durch eine Fachanwalt für Steuerrecht mit strafrechtlicher Prozesserfahrung versichern.Corona(sofort)hilfe und Subventionsbetrug
Im Zusammenhang mit den verschiedenen Hilfsprogrammen der Regierungen aufgrund der Coronavirus-Pandemie ist es bereits zu einigen Betrugsfällen durch Kriminelle gekommen. Aber auch der unbedarfte Laie kann schnell in den Bereich der Strafbarkeit geraten, wenn er allzu leichtfertig die Hilfen in Anspruch nimmt, ohne vorher zu prüfen, ob er zum Kreis der Berechtigten gehört. Ganz besonders ist dies der Fall bei der sogenannte „Corona-Soforthilfe“, welche eine sofortige Zahlung in Höhe von mehreren tausend Euro an den Antragsteller vorsieht. Die Soforthilfeprogramme sind ein kombiniertes Bund-Länder-Programm und werden von den Ländern ausgezahlt. Die Länder bestimmen auch, welcher Voraussetzungen für die Soforthilfe erfüllt sein müssen. In der Regel müssen bei der Online-Beantragung der Soforthilfe an verschiedenen Stellen vom Antragsteller Bestätigungshäkchen gesetzt werden, bevor er den Antrag absenden kann. In Nordrhein-Westfalen muss zudem per Bestätigungshäkchen die Richtigkeit der gemachten Angaben an Eides statt versichert werden. Dies bezieht sich insbesondere auf die Angabe, dass der Antragsteller aufgrund Coronavirus-Pandemie wirtschaftliche Probleme (keine Einnahmen trotz laufender Fixkosten) bzw. ein Liquiditätsproblem (in absehbarer Zeit keine Liquidität mehr) hat. Ist der Antragsteller an diese Stellen nicht ehrlich oder genau genug, so kann er in den Bereich des Subventionsbetruges (§ 264 StGB) geraten (Allerdings ist zu beachten, dass sich die Soforthilfe und damit der Beurteilungszeitraum auf 3 Monate bezieht - von dem Antragsteller also eine wirtschaftliche Prognose gefordert wird.) Hier gilt bereits die Antragstellung als Tat, die spätere Auszahlung ist „unerheblich“. Allerdings gibt es zwischen Antragstellung und Auszahlung noch die Möglichkeit einer tätigen Reue, wenn die Auszahlung dadurch verhindert wird. Ist die Auszahlung jedoch bereits erfolgt, so greifen diese Möglichkeiten nicht mehr. Nach der wohl mittlerweile recht herrschenden Meinung handelt es sich bei den geforderten Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen bzw. bei den Bestätigungshäkchen um subenventionsrechtlich erhebliche Tatsachen. Zu BEACHTEN ist, dass nicht nur die vorsätzlich falsche Beantwortung dieser Fragen ein Straftat darstellt, sondern auch durch die fahrlässige falsche Beantwortung. Aufgrund des 3-Monats-Zeitraums ist derzeit allerdings nicht ganz klar, wie sich die Veränderung in der persönlichen Wirtschaftslage (zum Gute oder Schlechten) in strafrechtlicher Hinsicht auswirken. Jedenfalls sollten jedoch Antragsteller, bei sich abzeichnenden Zweifel eine freiwillige (Teil)Rückzahlung ins Auge fassen, um eventuelle strafrechtliche Risiken abzumildern.Vermögensabgabe und Corona-Soli
Ein Staat finanziert sich aus Steuern – da ist es nicht abwegig, dass sich die Politik in Corona-Zeiten der Frage stellt, wer denn am Ende die durch die Pandemie nachhaltig in den Staatshaushalt gerissenen Löcher wieder stopft. Die Vermögensabgabe im Rahmen eines gesetzlichen Lastenausgleichs wird diskutiert und es scheint konkret zu werden: Auch – und besonders – Reiche sollen für die Corona-Schäden aufkommen. Juristisch hat das Land Erfahrung damit: Ein Lastenverteilungsgesetz gab in der Nachkriegszeit die Möglichkeiten vor, bei den “Reichen” zu kassieren, aber ob das in diesen Zeiten alles noch so verfassungsgemäß ist, wird von vielen Experten bezweifelt. Auch die “Qualität” der Krise wird nicht von allen gleich bewertet. Aus steuerlich-politischer Sicht gibt es für die Finanzierung der Corona-Schäden zwei Ansätze – zum einen die Refinanzierung der Corona bedingten Ausfälle über Konsum: Kaufanreize schaffen und die steuerliche Belastung wie Einkommensteuer senken und den Soli abschaffen, damit die Krise am Ende durch die Umsatzsteuer finanziert wird. Daneben wird ein zweiter Ansatz diskutiert: Die sogenannten Reichen sollen einen besonderen Beitrag zur Finanzierung des Staates leisten. Reichensteuer oder Vermögensabgabe sind die gängigen Schlagworte. Diese Reichensteuer soll sich sowohl auf das Vermögen als auch auf das Einkommen beziehen. Die Vermögensteuer würde in Form einer einmaligen Zahlung an vermögende Staatsbürger berechnet werden. Dass es zu einer Vermögenbesteuerung kommt, scheint für viele Experten sicher, denn neben diversen Stimmen aus der Politik hat sich das DIW für eine einmalige Abgabe von 10 Prozent auf das Vermögen der obersten "Ein-Prozent" der Steuerpflichtigen ausgesprochen. Die Summe müsste dann über 10 oder 20 Jahre an das Finanzamt abgeführt werden, so das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Auf die Stellungnahme der wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 9. April 2020 zur Verfassungsmäßigkeit einer Vermögensabgabe zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie wird hingewiesen Die zusätzliche Ertragsteuer wird beispielsweise als Corona-Solidaritätszuschlag angedacht. Der Corona-Soli könnte sich so gestalten wie der jetzige Solidaritätszuschlag, der ab 2021 nur noch von den oberen zehn Prozent der Einkommenspyramide zu entrichten ist und etwas mehr als neun Milliarden Euro im Jahr einbringen wird. Ausgerichtet nur auf diese oberen 10 % der Zahler würde zusätzlich zum bestehenden Soli noch einen etwas höheren Corona-Soli von 7,5 Prozent Aufschlag auf die Einkommensteuer zahlen, was rund 12,5 Milliarden Euro Mehreinnahmen brächte. z. Der große Teil der Einkommensempfänger würde unterhalb der Freigrenze bleiben. Dr. Sebastian Korts, Herausgeber von steuerrecht.com, ist in Köln erfahrener Steuerstrafverteidiger sowie Fachanwalt für Steuerrecht und Handels- und Gesellschaftsrecht: „Schon jetzt gibt es Fragestellungen mit verfassungsrechtlicher Relevanz, denn die finanzielle Notlage, die das Grundgesetz für die Vermögensabgabe fordert, ist aktuell nicht gegeben!” Der Experte sieht auch die Zweckgebundenheit als schwierig umzusetzen an. Auch in der schon jetzt geltenden Lastenverteilung zu Lasten der Vermieter sieht er einen zu untersuchenden Verfassungsverstoß: "Es ist schwierig dem Vermieter zu erklären, dass er seine Einkünfte in der Einkunftsart VuV deshalb nicht bekommt, weil der Gesetzgeber ihm ein Sonderopfer wegen der Zugehörigkeit seiner Einkünfte zu dieser Einkunftsart zumutet. Wenn der Gesetzgeber den Corona-gebeutelten Mieter schützen will, so ist das vielleicht eine ehrenvolle Motivation, aber die zielgerichtete Belastung einer bestimmten Einkunftsart ist wohl keine gerechte Lastenverteilung." Dr. Korts, seit über 20 Jahren Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im DAV: „Hier wird auf die Verfassungsgerichtsbarkeit noch einiges an Arbeit zu kommen, bis geklärt ist welche Maßnahmen dem verfassungsrechtlichen Rahmen entsprechen .“ Bis dahin sieht er auf die deutschen Finanzbehörden Unmengen an Arbeit in Form von Widersprüchen gegen Steuerbescheide zukommen. Der erfahrene Jurist und Unternehmensberater steht insbesondere Kapitalgesellschaften und von Vermögensabgaben extrem betroffenen Family Offices zu allen Themen im Bereich Corona und Steuerrecht gern zur Verfügung. Sein Tipp in Corona-Zeiten: „Kümmern Sie sich am besten jetzt schon um das Thema, nicht erst wenn der Steuerbescheid auf dem Tisch liegt!“Strafbarkeitsrisiken bei Kurzarbeitergeld und Soforthilfe
Relativ zügig und unkompliziert haben der Bund und die Länder finanzielle Hilfen aus Anlaß der Corona-Pandemie zur Verfügung gestellt bzw. ausgezahlt. In der Eile darf jedoch nicht übersehen werden, dass diese Hilfen an bestimmte Voraussetzungen geknüpft sind und der jeweilige Antragsteller dafür haftet, dass in seinem Fall die Voraussetzungen bei Antragstellung vorlagen und für die Dauer des Kurzarbeitergeldes vorliegen. Sollte es hier zu Fehlern kommen, drohen dem Antragsteller (evtl. auch seinen Arbeitnehmern!) strafrechtliche und finanzielle Folgen! Bereits nach der Finanzkrise wurden Fälle der unberechtigten Beantragung von Kurzarbeitergeld strafrechtlich verfolgt. Gleiches dürfte für in Zukunft die Soforthilfe gelten. Insbesondere bei der Soforthilfe wird in verschiedenen Bundesländern bei der Online-Beantragung ausdrücklich auf die strafrechtlichen Folgen von Falschangaben hingewiesen. Sowohl beim Kurzarbeitergeld als auch bei der Soforthilfe kommt als Straftatbestand Betrug (§ 263 StGB) oder Subventionsbetrug (§ 264 StGB) in Betracht. Weitere Folgen können natürlich die Rückforderung/Einziehung der Zahlungen und weitere Geldbußen sein. Sollten Sie daher unsicher sein, ob ihr Unternehmen die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld oder Soforthilfe erfüllt bzw. weiterhin erfüllt, sollten Sie sich an einen Rechtsanwalt wenden.EuGH: Vermögenseinziehung ohne Verurteilung
Der Europäische Gerichtshof hat am 19.03.2020 entschieden, dass es EU-Recht nicht widerspricht, wenn der Staat illegales Vermögen auch ohne Strafurteil einzieht. Das Urteil betraf einen Fall aus Bulgarien: Dort wurden Ermittlungen gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden einer Bank wegen Untreue in Höhe von 105 Millionen Euro geführt. Im Rahmen der Ermittlungen wurde festgestellt, dass er und seine Angehörige erhebliche Geldbeträge auf Bankkonten eingezahlt und umfangreiche Immobiliengeschäfte getätigt hatten, welche nicht mit ihren "offiziellen" Vermögensverhältnissen erklärbar waren. Die Betroffenen konnten auch keine plausiblen Angaben zu der Herkunft ihres Vermögen machen. Die Anti-Korruptionsbehörde in Bulgarien ordnete daher in einem gesonderten Verfahren die Einziehung von Vermögenswerten an, "obwohl" noch kein STRAFrechtliches Urteil in der Sache vorlag. Der EuGH erklärte nunmehr auf Anfrage durch ein bulgarisches Gericht, dass das EU-Recht einem solches Vorgehen (Einziehung ohne STRAFurteil) nicht entgegensteht. Das Urteil hat auch Bedeutung für Deutschland, da seit 2017 der § 73a StGB eine (erweiterte) Vermögenseinziehung ohne STRAFurteil ermöglicht.Weitere Beiträge...
Steuerrecht "aus dem Leben"
Steuerrecht ist in der konkreten Anwendung superspannend. Für Interessierte (nicht nur Kollegen) haben wir eine sytematische Zusammenstellung des
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