Oberster Gerichtshof der Niederlande erklärt Verwendung *gestohlener* Kontodaten für rechtmäßig

In den Niederlanden ist ein Urteil gefällt worden, welches im Hinblick auf die deutschen *Liechtenstein-Prozesse* von Interesse ist.

Der Hoge Raad der Niederlande (Oberster Gerichtshof der Niederlande) hat am 21. März 2008 über die Rechtmäßigkeit der steuerlichen Verwendung gestohlener Kontodaten entschieden: Der Hoge Raad hat die steuerliche Verwendung für rechtmäßig befunden (Urteil des Hoge Raad vom 21.03.2008, LJN: BA8179, 43050).

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein belgisches Finanzamt hatte im Jahr 2000 eine sog. Spontanmitteilung an die niederländischen Finanzbehörden gemacht. Die Spontanmitteilung enthielt Informationen über (niederländische) Kunden der Kreditbank Luxemburg (KB-Lux). Die Informationen stammten von bankinternen Mikrofiches, welche (auf unbekannten Wegen) in den Besitz der belgischen Steuerbehörden gelangt waren. Die niederländischen Steuerbehörden werteten die Informationen aus und erliessen Nachforderungsbescheide und *Geldbußen* gegen die betroffenen (niederländischen) Steuerpflichtigen. Es konnte nicht geklärt werden, wie die Mircofiches in den Besitz der belgischen Steuerbehörden gelangt waren; allerdings ist es wahrscheinlich, dass die Mircofiches bei der Bank entwendet worden waren. Ein Betroffener klagte gegen seinen Nachforderungsbescheid und die *Geldbuße* und argumentierte unter anderem damit, dass die steuerliche Verwendung von gestohlenen Kontodaten gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens gemäß Art. 6 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) verstoße.

Der Hoge Raad beschäftigte sich in seinem Urteil mit der Rechtsprechung der Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Art. 6 EMRK und kam zu dem Ergebnis, dass selbst wenn die Kontodaten gestohlen worden wären, deren Verwendung nicht gegen Art. 6 EMRK verstößt, denn die Verwendung der Kontodaten stelle keinen derart schweren Verstoß gegen Grundsätze des Prozessrechts dar, dass nicht mehr von einem fairen Verfahren gesprochen werden könne (vgl. Ausführungen des Generalanwalts am Hogen Raad vom 01. Juni 2007, Ziff. 4 ff). 

P.S.:
Da das niederländische Steuerrecht für ausländische Einkünfte eine 7-jährige, für inländische Einkünfte jedoch nur eine 5-jährige Nachforderungsfrist vorvorsieht, hat der Hoge Rad hat das Verfahren dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung darüber vorgelegt, ob diese Unterscheidung gegen EG-Grundfreiheiten verstößt. Die Frage der Zulässigkeit der Verwendung gestohlener Kontodaten ist nicht Gegenstand der Vorlagefrage (Rechtssache C-153/08).

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