Urteilsabsprachen & Kronzeugenregelung


Oftmals ist zu beobachten, dass die Absprache zwischen Staatsanwaltschaft, Richter und dem Beschuldigten bzw. seinem Verteidiger einen faktischen Verfahrensbestandteil darstellt. Die Beteiligten haben alle eigene Motive, ein umfangreiches Verfahren zu vermeiden. Staatsanwaltschaft und Richter können dem Staat eine umfangreiche Verhandlung ersparen; der Beschuldigte hat oftmals Interesse daran, die Peinlichkeit einer Hauptverhandlung zu vermeiden und für den Verteidiger bietet sich die Möglichkeit, die Schuld seines Mandanten im unaufgeklärten Bereich zu lassen oder diese zumindest in einen Bereich zu drücken, in dem diese als gering anzusehen wäre. Ziel ist oftmals die Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldsumme, genannt Auflage.

Solche Urteilsabsprachen sind gesetzlich nicht geregelt, werden jedoch von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für zulässig erachtet.

Die Ergebnisse solcher Absprachen sind indes nicht einklagbar, denn sie sind lediglich gegenseitige Versprechen, in einer bestimmten Weise zu verfahren.

Besondere Einschränkungen bestehen dann, wenn im Rahmen einer Absprache zugleich ein Rechtsmittelverzicht vereinbart wird. Das Gericht darf an der Erörterung eines Rechtsmittelverzichts nicht mitwirken und auch nicht auf einen solchen Verzicht hinwirken. Das Gericht muss den Angeklagten nach der Urteilsverkündung (also nach der Umsetzung der getroffenen Absprache) darüber belehren, dass er ungeachtet der Absprache in seiner Entscheidung frei sei, Rechtsmittel einzulegen (so genannte qualifizierte Rechtsmittelbelehrung). Ohne diese Belehrung ist der nach einer Urteilsabsprache erklärte Rechtsmittelverzicht unwirksam.

Geplant ist weiterhin die Einführung einer Kronzeugenregelung: Vorgeschlagen wurde einer neuer § 46b StGB als allgemeine Strafzumessungsvorschrift die eine strafrahmenverschiebende Milderung und in bestimmten Fällen ein Absehen von Strafe ermöglichen soll. Dies soll dann der Fall sein, wenn ein Täter einer nicht der einfachen Kriminalität zuzurechnenden Straftat Aufklärungs- oder Präventionshilfe in Bezug auf eine Tat der Schwerstkriminalität oder der mittelschweren Kriminalität leistet, für die tendenziell ein Ermittlungsdefizit des Staates zu beklagen ist. Durch die Annahme eines minder schweren Falles für den als Kronzeugen aussagende Straftäter soll dessen Beitrag zur Aufklärung und Beweisführung honoriert werden. Straffreiheit soll für den Kronzeugen nur dann in Betracht kommen, wenn gegen ihn selbst wegen seiner Tat eine Freiheitsstrafe von unter drei Jahren verhängt worden wäre. Der Kronzeuge muss sein Wissen bereits vor der Eröffnung des gegen ihn gerichteten Hauptverfahrens offen legen.

Für die einfache Kriminalität soll die Kronzeugenregelung ausdrücklich nicht gelten, da sie zur Erleichterung der Beweisführung bei der Bekämpfung von Terrorismus, organisierter Kriminalität, schwerer Wirtschaftskriminalität und mittelschwerer Kriminalität, z. B. Korruptions-, Vermögens- und Sexualdelikten dienen soll. Die Strafandrohung für das Vortäuschen einer Straftat oder für falsche Verdächtigung auf bis zu fünf Jahre erhöht, um dem Missbrauch der Kronzeugenregelung vorzubeugen.

Zulässige Urteilsabsprachen und die geplante Kronzeugenregelung finden auch im Steuerstrafrecht, d.h. bei der Verurteilung von Steuerstraftaten Anwendung. Verfolgt werden die Steuerstraftaten, wie z.B. nicht erklärtes Schwarzgeld in einer Stiftung in Liechtenstein als Steueroase, durch die Steuerfahndung. Siehe auch unsere Ausführungen unter dem Titel „Strafbefreiende Selbstanzeige“.

Steuerrecht "aus dem Leben"

Steuerrecht ist in der konkreten Anwendung superspannend. Für Interessierte (nicht nur Kollegen) haben wir eine sytematische Zusammenstellung des

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