Steuerordnungswidrigkeiten



Neben den Steuerstraftaten hat der Gesetzgeber für „kleinere“ Zuwiderhandlungen die Steuerordnungswidrigkeiten in den Vorschriften der §§ 377 bis 384 der Abgabenordnung (AO) vorgesehen.

Es handelt sich dabei nicht um eine Steuerhinterziehung als Straftat (wie z.B. Schwarzgeld in einer Stiftung in Liechtenstein als Steueroase).

Die Tatbestände der Steuerordnungswidrigkeiten sind vielfältig und in den verschiedensten Gesetzen verstreut. Verfolgt werden diese Taten auch durch Steuerfahndung. Die am häufigsten zur Anwendung kommenden Tatbestände sind:


  • die leichtfertige Steuerverkürzung, d.h. die „leichtfertig begangene Steuerhinterziehung“;
  • die Steuergefährdung, d.h. Handlungen, die zur Vorbereitung einer Steuerverkürzung geeignet sind, z.B. das Ausstellen unrichtiger Belege, die unrichtige, unvollständige oder unterlassene Buchung von Geschäftsvorfällen;
  • die Gefährdung von Abzugsteuern, z.B. die Lohnsteuer, die Kapitalertragsteuer, die Aufsichtsratssteuer, die Einkommensteuer oder die Umsatzsteuer, die bei einer Werklieferung oder sonstigen Leistung durch einen nicht im Erhebungsgebiet ansässigen Unternehmer entsteht (keine Abzugssteuer hingegen ist die pauschalierte Lohnsteuer nach §§ 40, 40a, 40b EStG);
  • die Schädigung des Umsatzsteueraufkommen, § 26b UStG, d.h. die Nichtentrichtung von Umsatzsteuerbeträgen nicht an die Finanzbehörde, der Tatbestand wird bereits dadurch verwirklicht, dass keine fristgerechte Überweisung der Steuerbeträge an das Finanzamt erfolgt.


Die Steuerhinterziehung und die leichtfertige Steuerverkürzung unterscheiden sich in einem wichtigen Punkt: der „inneren“ Seite der Tat, also der Vorstellung des Täters. Während der vorsätzlich handelnde Täter wegen Steuerhinterziehung bestraft wird, begeht der leichtfertig handelnde Täter „nur“ eine Ordnungswidrigkeit. Eine Steuerordnungswidrigkeit stellt den „kleinen Bruder“ der Steuerstraftat dar. Eine Steuerverkürzung, bei der dem Täter ein vorsätzliches Handeln nicht nachzuweisen ist, kann als leichtfertige Steuerverkürzung geahndet werden. Leichtfertige Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn jemand aus besonderem Leichtsinn oder besonderer Gleichgültigkeit fahrlässig handelt. So ist es z.B. leichtfertig, wenn ein Freiberufler oder Gewerbetreibender, der nicht über das entsprechende steuerliche Wissen verfügt, ohne vorherige Erkundigung bei Fachleuten seine steuerlichen Erklärungen anfertigt und abgibt. Überlässt ein Steuerpflichtiger z.B. seinem steuerlichen Berater ein blanko unterschriebenes Einkommensteuererklärungsformular und lässt er ihn die von diesem ausgefüllte Erklärung ungeprüft beim FA einreichen, so handelt er i.d.R. leichtfertig. Gleichfalls im Visier als potenzielle Täter stehen Personen, die kraft Gesetz oder Vertrag die steuerlichen Pflichten anderer wahrnehmen, z.B. gesetzliche Vertreter (Eltern, Betreuer), GmbH-Geschäftsführer (auch faktische Geschäftsführer), die Gesellschafter einer Personengesellschaft und Vermögensverwalter.

Die Steuerordnungswidrigkeiten sehen ausschließlich Geldbußen in unterschiedlicher Maximalhöhe bis zu 50.000 EUR vor. Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem inländischen Gericht oder einer Behörde festgesetzt wurden, dürfen nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben in Abzug gebracht werden. Bei einer leichtfertigen Steuerverkürzung kommt eine bußgeldbefreiende Selbstanzeige in Betracht. Eine Geldbuße wird nicht festgesetzt, soweit der Täter unrichtige oder unvollständige Angaben bei der Finanzbehörde berichtigt oder ergänzt oder unterlassene Angaben nachholt. Die Selbstanzeige ist nicht mehr möglich, sobald dem Täter oder seinem Vertreter die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Die übrigen Steuerordnungswidrigkeiten sehen jedoch eine bußgeldbefreiende Selbstanzeige nicht vor.

Wird im Rahmen der steuerstrafrechtlichen Verteidigung auf der subjektiven Ebene ausdrücklich damit argumentiert, dass kein Vorsatz, sondern „lediglich“ Fahrlässigkeit vorgelegen habe, sind die Weichen für das anschließende Ordnungswidrigkeitenverfahren bereits gestellt, denn im Rahmen der Verteidigung wurde ja bereits ein „Geständnis“ der Steuerordnungswidrigkeit abgelegt. In Fällen jedoch, in denen sich eine gerichtliche Aufarbeitung voraussichtlich nicht vermeiden ließe und der Nachweis eines Vorsatzes durch die Steuerfahndung bzw. Staatsanwaltschaft jedenfalls als möglich erscheint, kann es sinnvoll sein, die Steuerordnungswidrigkeit in Kauf zu nehmen, statt das Risiko einer strafrechtlichen Verurteilung einzugehen. Siehe auch unsere Ausführungen zur strafbefreienden Selbstanzeige.

Steuerrecht "aus dem Leben"

Steuerrecht ist in der konkreten Anwendung superspannend. Für Interessierte (nicht nur Kollegen) haben wir eine sytematische Zusammenstellung des

- Steuerstrafrechts
- Internationalen Steurrechts
- Steuerstrafrechts in Wirtschaftsdelikten
- Steuerstrafrechts im Bereich der Prostitution
zusammengestellt.

Suche