Aus unserer Praxis: Strafverteidigung bei "Cum-ex-Geschäften"

Bei Cum-ex-Geschäften handelt es sich um bis zum 31.12.2011 mögliche An- und Verkauf von Aktien um den Dividenstichtag in Verbindung mit sogenannten "Leerverkäufen". Bis zum 31.12.2011 griff bei Aktienbesitzern, welche die Wertpapiere im betrieblichen Vermögen hielten, die Abgeltungssteuer nicht, sondern es war eine volle Anrechenbarkeit der einbehaltenen Kapitalertragsteuer möglich. Zu diesem Zweck wurde dem Anteilsinhaber eine Steuerbescheinigung ausgesetellt (§ 45a Abs. 3 EStG a.F.). Vereinfacht gesprochen kam es bei Cum-Ex-Geschäften durch unterschiedliche Zurechnungszeitpunkte bezüglich der Eigentümerstellung bei dem Erwerb von Aktien in Verbindung mit der Durchführung von Leerverkäufen zur Ausstellung von 2 Steuerbescheinigungen. Damit konnte es zur zweifachen Anrechung der nur einmal einbehaltenen Kapitalertragsteuer kommen. Obwohl dieser Umstand seit vielen Jahren bekannt war, entschloss sich der Gesetzgeber erst Ende 2011 diese "Lücke" zu schließen. Weitere Jahre später, 2012 bzw. 2013, verfielen Steuerfahndung und Staatsanwaltschaften auf die Idee, dass es sich bei diesen Vorgängen um Steuerhinterziehung im Sinne § 370 AO, teilweise sogar besonders schwere Steuerhinterziehung, handelt. Diese Sichtweise verfängt aber nur auf den ersten Blick. Wie uns vorliegende Praxisfälle aufzeigen, fehlen bei genauer juristischer Prüfungen wesentliche Voraussetzungen für das Vorliegen einer Steuerhinterziehung im Sinne § 370 AO. Sowohl der objektive Tatbestand (falsche, unrichtige Angaben) als auch der subjektive Tatbestand des § 370 AO sind nicht erfüllt: Das sogenannte Dividenden-Stripping war im Grundsatz zulässig. Die Voraussetzung für eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer waren bis 2011 stark formalisiert. Es war faktisch nur erforderlich, dass die Kapitalertragsteuer einbehalten worden ist und dass der Steuerpflichtigen eine entsprechende Steuerbescheinigung vorlegt. Diese Voraussetzungen waren in den vorliegenden Fällen immer erfüllt. Weitere Angriffspunkt der Steuerfahndung ist die vermeintliche mittäterschaftliche Steuerhinterziehung durch zweifache Geltendmachung der Anrechnung der Kapitalertragsteuer. Auch dieser Vorwurf geht in den allermeisten Fällen ins Leere, da die "Cum-ex-Geschäfte" bzw. die Leerverkäufe "anonym" über entsprechende Handelsplattformen abgewickelt worden sind - der Nachweis, dass die Beteiligten zwecks Begehung einer Steuerhinterziehung abgesprochen hätte ist bisher noch nie erbracht worden. Insbesondere auch deshalb weil für den Leerverkäufer nicht (unbedingt) die Anrechenbarkeit der Kapitalertragsteuer, sondern der Unterschied in den Kursverläufen Hauptanreiz für sein Geschäft war. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass, abgesehen von der öffentlichen Erregung über diese Fälle, der Vorwurf der Steuerfahndung auf recht schwachem Fundament steht. Sollte Sie sich mit strafrechtlichen Vorwürfen im Zusammenhang mit solchen Geschäften ausgesetzt sehen, so beraten wir Sie gerne.

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Steuerrecht ist in der konkreten Anwendung superspannend. Für Interessierte (nicht nur Kollegen) haben wir eine sytematische Zusammenstellung des

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