EuGH: Wettbewerber von Empfängern staatlicher Beihilfen dürfen direkt klagen
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat eine Entscheidung erlassen, welche enorme Auswirkungen auf das steuerliche Gefüge in der EU haben könnte (Rechtssache: C-622/16, C-623/16 und C-624/16). NAch dem UE-Behilfrecht muss die EU-Kommission nationale (steuerliche) Beihilfen prüfen und gegebenfalls den betreffenden EU-Mitgliedstaat verpflichten, die Beihilfen von den Empfängern zurückzufordern. Wendet der EU-Mitgliedstaat jedoch ein, dass ihm eine Rückforderung der Beihilfen nicht (mehr) möglich ist, kann die EU-Kommission davon absehen eine Rückforderungsverpflichtung auszusprechen - dies war im vorliegen Fall geschehehn. Nach der Entscheidung des EuGH können unmittelbar betroffene Wettbewerber von Empfängern staatlicher Beihilfen, die Unionsgerichte anzurufen, um die Nichtigerklärung einer solchen Nichtrückforderungs-Entscheidung der EU-Kommission zu beantragen. Im vorliegenden Fall hatten ein Hotelier und eine Montessori-Schule gegen die Nichtrückforderung einer Steuerbefreiung für kirchliche bzw. gemeindliche Beherbergungs- und Schulimmobilien geklagt. Die Steuerbefreiung hatten den kirchlichen und gemeindlichen Einrichtungen einen unmittelbaren Wettbewerbsvorteil gegenüber den Klägern verschafft.BFH: Deutsches Besteuerungsrecht bei Zahlung eines sog. signing bonus
Der Bundesfinanzhof hat sich mit Urteil vom 11.4.2018, I R 5/16, zum Besteuerungsrecht bei der Gewährung eines sogenannten "signing bonus" geäußert. Ein deutscher Arbeitergeber hatte einem in der Schweiz wohnenden (zukünftigen) Mitarbeiter zum Abschluss des Dienstvertrages eine Abschlusszahlung angekündigt und später auch gezahlt. Die Zahlung stand unter der Bedingung, dass der Arbeitnehmer mindestens 5 Jahre seine Tätigkeit für den Arbeitgeber ausübt. Der Arbeitgeber betrachtete die Zahlung als lohnsteuerfrei da die Zahlung nicht in Zusammenhang mit Lohnzahlungen stehe, ferner weise Artikel 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010 das Besteuerungsrecht dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers (Schweiz) zu. Das Finanzamt vertrat (natürlich) die gegenteilige Auffassung. Nachdem das FG München dem Arbeitgeber Recht gegeben hatte, hob nunmehr der BFH auf Revision des Finanzamtes das Urteil auf und gab dem Finanzamt Recht: Bei der Abschlusszahlung handelt es sich um Lohn im Sinne § 2 Abs. 2 Nr. 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung. Nach dieser Vorschrift gehören zum Arbeitslohn auch Einnahmen im Hinblick auf ein künftiges Dienstverhältnis. Es entspricht daher allgemeiner Meinung, dass z.B. vor Arbeitsvertragsschluss geleistete Handgelder und Antrittsprämien zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit rechnen. Ferner steht Deutschland als Tätigkeitsstaat und nicht der Schweiz als Ansässigkeitsstaat. Das FG München habe den Passus des Art. 15 Absatz 1 Satz 2 DBA Schweiz "dafür bezogene" Vergütung falsch ausgelegt. Zum einen setze das DBA Schweiz nicht voraus, dass die Arbeitstätigkeit und die Zahlung unmittelbar aufeinander folgen, zum anderen handelte es sich nicht um einen "anlasslose" Zahlung, sondern die Zahlung stand im Zusammenhang mit der späteren Tätigkeit für den deutschen Arbeitgeber (siehe die Rückzahlungsreglung!).FG Düsseldorf: Unterschlagung kann zu Schenkungsteuer führen
Zu einem etwas überraschenden Ergebnis ist das FG Düsseldorf in einem am 30.09.2018 veröffentlichten Urteil (4 K 1652/16 Erb) gekommen: Eine Unterschlagung kann Schenkungsteuer auslösen. In dem entschiedenen Fall hatte eine Buchhalterin einem Bekannten in einer (angeblichen) finanziellen Notsituation helfen wollen und die Buchhaltung eines Unternehmens derart manipuliert, dass Zahlungen von/an das Unternehmen auf falschen Bankkonten landeten und letztendlich ihrem Bekannten zuflossen. Das Finanzamt sah dies in steuerlicher Hinsicht als Schenkung der Buchhalterin an ihren Bekannten an und erließ 17 Schenkungsteuerbescheide gegen den Bekannten. Das Finanzgericht folgte im Ergebnis der Ansicht des Finanzamtes: Obwohl die Zahlungen zum Großteil direkt von Konten des Unternehmens erfolgten und nicht von Konten der Buchhalterin, seien die Zahlungen im Sinne einer Zuwendung der Buchhalterin an den Bekannten zuzurechnen. In steuerlicher Hinsicht habe sich die Buchhalterin die fraglichen Geldbeträge im Moment der falschen Zahlungsanweisungen angeeignet und im gleichen Moment diese dem Bekannten zugewendet.FG Münster zur Verzinsung von Steuerforderung: 2014 bis 2015 nicht höher als 3% p.a.
Das Finanzgericht Münster hat einem Verfahren über einstweiligen Rechtsschutz entschieden, dass auch für die Zeiträume vor 2015 der gesetzliche Zinssatz des §§ 233a, 238 AO (6% p.a.) zum Teil verfassungswidrig ist. Ausgehend von dem allgemeinen Zinsniveau hält das Gericht selbst bei typisierender Betrachtung einen Zinssatz in Höhe von 6% p.a. für außerhalb einer dem Gesetzgeber zuzustehenden Bandbreite. Allerdings kann sich das FG Münster nicht zu einer vollständigen Verwerfung der Norm bzw. des Zinssatzes entschließen: Das FG Münster geht davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht (welchem allein die Kompetenz zur Verwerfung eines Gesetzes zusteht) dem Gesetzgeber die Möglichkeit einräumen wird Rechtslage rückwirkend verfassungsgemäß zu gestalten. Nach Ansicht des FG Münster könnte in diesem Fall ein neuer Zinssatz von 3% p.a. für angemessen erachtet werden.Brexit und englische Limited (Ltd.) in Deutschland: Verlust der Haftungsbeschränkung
Mit dem Ausscheiden von Großbritannien aus der EU (Brexit) ergeben sich auch Änderungen für englischen Limited (Ltd.) mit "Hauptsitz" in Deutschland. Bisher ist nicht erkennbar, dass zwischen Großbritannien und die EU eine Austrittsvereinbarung zustande kommt. Es muss daher von einem "unkontrollierten" Austritt ausgegangen werden. In diesem Fall werden die englischen Ltd. ihre Haftungsbeschränkung verlieren. Sie werden nicht mehr als Kapitalgesellschaft angesehen, sondern als GbR oder Personenhandelsgesellschaft, bei einer Einpersonnen-Ltd. als Einzelkaufmann/Einzelunternehmer. Damit würden die jeweiligen Ltd.-Gesellschafter mit ihrem gesamten Privatvermögen für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften. Unsere Kanzlei ist seit Jahren mit der Beratung von englischen Ltd. mit "Hauptsitz" in Deutschland befasst, gerne beraten wir Sie, welche Vorkehrungen Sie für sich und ihre Ltd. treffen können, falls es zu einem unkontrollierten Brexit kommen sollte.Weitere Beiträge...
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Steuerrecht ist in der konkreten Anwendung superspannend. Für Interessierte (nicht nur Kollegen) haben wir eine sytematische Zusammenstellung des
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